The Fall of Hubris

Opinion

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Hybris

Hy·b·ris [Hýbris}
Substantiv, feminin [die]
Stolz; Überheblichkeit; Vermessenheit, Selbstüberschätzung

Du kennst die alte, griechische Sage: Dädalus und sein Sohn Ikarus wollten aus ihrer Gefangenschaft auf Kreta vor König Minos fliehen. Dädalus baute Flügel aus Gestänge, Wachs und Federn und mahnte seinen Sohn, nicht so hoch zu fliegen. Doch als sie flogen, kam Ikarus der Sonne zu nahe, das Wachs schmolz und er stürzte ins Meer.

Am 1. September 2018 brannte das brasilianischen Nationalmuseums in Rio de Janeiro.

Ein unschätzbarer Verlust für die Jahrhundert alte Geschichte eines gesamten Kontinents. Der Verlust von Millionen gesammelter Schätze einer riesigen Kultur. Der Staat Brasilien hatte es zuvor, trotz vieler Warnungen, nicht als notwendig angesehen, genügend Mittel für den Brandschutz bereitzustellen. Infolge dessen fing irgendwann einmal eine veraltete Lüftungsanlage Feuer und das gesamte Gebäude brannte nieder.

Am 15. April 1912 sank die RMS Titanic mit über 2200 Passagiere an Bord. 1512 Menschen kamen dabei ums Leben.

Zusammen mit ihren Schwesternschiffen Olympic und Britannic galt die Titanic als Wunder der Technik und sie wurden aufgrund der automatisch schließenden Wasserschutztüren zwischen den 16 wasserdicht abschottbaren Abteilungen im Juni 1911 in der Zeitschrift „The Shipbuilder“ als „praktisch unsinkbar“ bezeichnet. Doch bereits in der Jungfernfahrt der Titanic zerplatzte der Traum der menschlichen Unbesiegbarkeit.

Auf den Tag genau 107 Jahre später, am 15. April 2019 brach ein Brand aus in der Notre Dame in Paris, eines der zentralsten Gebäude der christlichen Welt.

Unachtsame Handwerker und eine fehlende Brandschutzanlage führten zum Brand dieser berühmten Kirche.

Der Fall der Hybris

Lieber Leser,
die oben genannten Beispiele zeigen den Menschen in Arroganz, Leichtsinn und Selbstüberschätzung. Doch der Brand der Notre Dame in Paris hat einen ganz besonderen Stellenwert. Es zeigt die Selbstüberschätzung auf einer ganz anderen, viel höheren Dimension. Es legt das Selbstverständnis einer kompletten Religion bloß.

Der menschliche Geist

Um Dir diesen Punkt zu erklären, muss ich zuerst einen besonderen, psychologischen Aspekt ansprechen:

Eines der größten Eigenschaften des Menschen ist der Umgang mit der eigenen Wahrheit. Du wirst niemals erleben, dass Menschen alle eine gemeinsame Wahrheit auch als solche verstehen. Jede Wahrheit ist unterschiedlich.

Das, was wir sehen, hängt davon ab, wie wir es betrachten.

Völlig egal, was Du siehst. Alles, alles, alles wird von Dir zuerst in Deinem Geist bewertet und beurteilt, bevor Du es in Dich aufnimmst. Du bringst alle Deine Erfahrungen in jede Betrachtung mit hinein, Deine Kindheit, Deine Traumata, Deine Träume, Deine Stimmungen, Deine Intelligenz und Dein Lebens-Umfeld. Jedes Sonnenlicht, jeder Windhauch, jeder Regentropfen auf Deiner Haut wird von Dir so empfunden, wie Du bist. Das, was Du bisher erfahren hast, das ist Deine jetzige Empfindung, und das ist Deine jetzige Wahrheit.

Du bringst Deine Freude mit, Deinen Streit, Deine Konflikte, Deine Sorgen. Wenn Du etwas ansiehst, wenn ein Mensch zu Dir spricht, wenn ein Vogel am Himmel ruft – alles, was Du siehst, egal was: Du schaust zuerst in Deinen eigenen Spiegel. Zuerst siehst Du Dich selbst an, und dann siehst Du das, was Du sehen willst. Und erst dann proklamierst Du Deine eigene Wahrheit.

Deine Wahrheit bist immer Du selbst.

Jede Wahrheit, die Du für richtig hältst, ist der Blick in Deinen eigenen Spiegel.

Ich nenne Dir ein Beispiel:

Fünf Personen sehen eine Wolke:

Nummer 1 sagt: “ Oh, wie ist das wunderschön!“

Nummer 2 sagt: “ Lass uns reingehen, gleich regnet es.“

Nummer 3 sagt: “ Ich habe Angst, ein Gewitter kommt.“

Nummer 4 sagt: “ Das alles hat Gott gemacht.“

Nummer 5 sagt: “ Interessant, wie sich Kondensat in solch einer Höhe halten kann.“

Jeder Mensch erlebt alles unterschiedlich.

In dem Moment, in dem Du das verstehst, kannst Du Dich vom Streit mit anderen befreien. Jeder Mensch trägt seine eigene Wahrheiten mit sich herum. Jede Wahrheit hat seine Berechtigung und ist der anderen Wahrheit gegenüber gleichwertig. Niemand hat das Recht zu sagen: „Meine Wahrheit ist wahrer als Deine“.

Die Zeit für Ehrlichkeit

Achtung: Ich erzähle Dir jetzt von meiner Wahrheit. Es ist mein Spiegel. Und das, was Du jetzt von mir liest, das betrachtest Du durch Deinen Spiegel. Unsere beider Wahrheiten werden sich begegnen …

Fast 2.000 Jahre lang verkündigte die christliche Kirche folgende Botschaften:

Ich liege und schlafe ganz mit Frieden; denn allein du, HERR, hilfst mir, dass ich sicher wohne.“
Psalm 4:9

Es wird dir kein Übel begegnen, und keine Plage wird zu deiner Hütte sich nahen. Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, dass sie dich auf Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.“
Psalm 91:10-12

Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“
Psalm 23, 1-4



Fast 2.000 Jahre lang verkündigten die Priester von der Kanzel: „Gott wird euch beschützen. Wenn Ihr betet, dann wird er euch retten. Er kümmert sich um die Seinen. Er wird eure Kranken gesund machen, und wenn ihr in den Krieg zieht, dann ist er auf Eurer Seite.

Die Selbstverständlichkeit, dass Gott auf unserer Seite ist, war immer schon groß. Priester taten schon immer ihren Job: Sie spendeten Trost und machten den Menschen Hoffnung. „Es wird dir nichts passieren. Dir wird nichts mangeln. Sein Stecken und Stab trösten dich.“

Es ist ja nicht so, dass die Priester die Menschen anlogen. Sie glaubten ja selbst daran. Sie segneten im Namen des Herrn die Ehe, die Familie, das Haus, den Hof, das Vieh, das Militär und deren Kanonen. „Gott ist auf unserer Seite„. Das steht so auf den Fahnen und auf den Münzen. „In God we trust“ – Wir vertrauen auf Gott.

Und wir haben es schriftlich. Das steht so in der Bibel. Nach dem Bundesgerichtshofs- Urteil VIII ZR 233/15 vom 26.04.2017 gibt es keinen Gewährleistungsausschluss für eine zugesicherte Eigenschaft. Das ist so. Das ist bei Zuwiderhandlung eine Straftat nach deutschem Recht!

Die Priester auf beiden Seiten der Feinde riefen Gott um Hilfe an, dass er sie im Krieg zum Sieg führen werde. 2.000 Jahre lang. Und was tat Gott?

Die Antwort ist ganz einfach: Er tat, was er schon immer tat: Nichts.
Und nach dem Brand der Notre Dame kommt die bitterste Erkenntnis hinzu: Er tut überhaupt gar nichts. Null. Er hat noch nie irgendwas getan. Er lässt sogar sein Heiligtum niederbrennen.

Als die Notre Dame brannte, blickte die Welt erschüttert nach Paris. Von Schock und von tiefer Trauer war die Rede. Die Menschen waren in tiefer Trauer. Bischöfe aller Welt riefen zum Gebet auf. Kirchen in aller Welt läuteten die Glocken. Papst Franziskus sicherte sofortige Hilfe zu. Der Schock saß tief. Er traf die Christenheit bis ins Mark.

Doch warum war das ein so großes Entsetzen? Ich will es Dir sagen: Gott zeigte sein wahres Ich – nämlich gar keins.

Der Brand der Notre Dame ist eine gute Zeit für Besinnung und für Ehrlichkeit.

Jedes Haus brennt gleich, jeder Mensch wird gleich krank, in jedem Alter sterben Menschen, in jedem Leben gibt es Leid und Trauer. Es gibt nicht eine einzige Statistik, die besagt: Ein Gläubiger lebt sicherer, als der Ungläubige. Wir müssen ehrlich sein: Gott tut gar nichts für die Seinen. Überhaupt gar nichts.

Wie viele Gebete wurden im zweiten Weltkrieg ausgesprochen? Wie viel Schneeflocken fallen im Winter auf die Erde? Die Zahl ist etwa gleich. Beides ist danach einfach geschmolzen, ohne eine Spur zu hinterlassen. So sind Gebete.

Aber das ist meine Wahrheit. Es ist mein Spiegel. Es ist meine Erfahrung und meine Vergangenheit.

Jeder Mensch hat seine Wahrheit

Das, was wir sehen, hängt meistens ursächlich davon ab, wie wir es betrachten …. (wollen).

Der Brand der Notre Dame ist ein ein Prüfstein für die eigene Wahrheit.
Für mich ist er wiederholt ein klares Zeichen dafür, dass Gott nicht existiert. Für Dich ist er vielleicht ein Beweis seiner Existenz, weil Du darin ein Zeichen siehst.
Es wird keinen Christen geben, der aus dem Brand der Notre Dame einen Zweifel an Gott bekommen wird.
Jeder wird sowieso nur das sehen, was er sehen will. Überall auf der Welt werden weiterhin die Glocken läuten.
Wir beide betrachten uns jeweils durch unsere eigenen Spiegel. Wie können wir durch zwei Spiegel betrachtet die Wahrheit erkennen? Wie soll ein Kaffee nur gut schmecken, wenn er ständig gefiltert wird?
Unsere Wahrheiten begegnen sich und sie sind gleichwertig.

Ich freue mich auf Deine Kommentare.

Liebe Grüße vom Martin

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